Neues und Historisches

Braukultur mit Baukultur - Denkmaleigentümer mit Verantwortungsgefühl und Sinn für Bautradition

Braukultur mit Baukultur - Denkmaleigentümer mit Verantwortungsgefühl und Sinn für Bautradition

i 11. Dezember 2019 von U. Beyer

Fünf Baudenkmäler Pfaffenhofens sind im Besitz einer einzigen Unternehmerfamilie. Das sind: der Pfaffelbräu, der Salverbräu, das Hotel Müllerbräu am Hauptplatz, baulich verbunden mit dem Eckgebäude Löwenstraße 3, und schließlich das Müllerbräu-Verwaltungs¬gebäude. Zwei weitere historische Gebäude dieser Familie stehen zwar nicht unter Denkmalschutz, prägen aber das charakteristischen Stadtbild: der Müllerbräu-Keller, dessen markantes Eck-Portal zum Charakter des Hauptplatzensembles beiträgt, und die sog. Müllerbräu-Villa in der Weiherer Straße. Wer diese Unternehmerfamilie ist, lässt sich leicht aus der Wiederholung des Namens Müller erschließen.
Die Familie Müller ist im Zusammenhang mit Pfaffenhofen zum ersten Mal dokumentiert im Pfaffenhofener Briefprotokoll von 1776 und 1779. Während ganze 11 von den ursprünglich 13 Brauereien in der Stadt verschwinden, entwickelt sich Müllerbräu zum führenden Brau-Unternehmen in Pfaffenhofen, dehnt den Immobilienbesitz stetig aus und bereichert dabei das Stadtbild durch eindrucksvolle neue Bauten nach dem jeweiligen Zeitgeschmack.

1779: Der Pfaffelbräu am Hauptplatz
Die erste Brauerei, die die Familie in Pfaffenhofen kauft, ist der Pfaffelbräu, 1779 erworben von Johann Müller, dem Vetter der verwitweten Vorbesitzerin. Schon im 12. Jahrhundert soll hier eine Brauerei gestanden haben, und zum ersten Mal dokumentiert ist die Gastwirtschaft 1595, weil der damalige Bräu "Bier ohne Satz" ausgab (d. h. ohne Preisgenehmigung vom Rat der Stadt). Er landete dafür im Turm, obwohl er selber Bürgermeister war. Johann Müller kauft also eine bereits jahrhundertealte Traditionsgaststätte.
Sein Sohn Anton erwirbt dazu 1807 das baufällige Nachbarhäuschen und erweitert das Gasthaus damit auf seine gegenwärtige Größe. Er ist der erste Müllerbräu mit Namen Anton (1781 - 1819).

1818/1891: Das heutige Verwaltungsgebäude, Hauptplatz 36
Knapp 40 Jahre später kann der damalige "Pfaffelbräu" Anton Müller ein Haus neben der Spitalkirche kaufen, das sein Enkel Anton mit Frau Karolina etwa 70 Jahre später durch ein prachtvolles Neubarock-Gebäude ersetzt. Mit seiner formenreichen Fassadengestaltung ist es noch heute ein besonderes Schmuckstück am Hauptpatz. Dem aufmerksamen Betrachter verrät die Außenstuckatur sogar die Bauherren und das Baujahr: A. und K. Müller - 1891.

1868 / 1900: Das heutige Hotel Müllerbräu, Hauptplatz 2
In der Zwischenzeit tauscht 1868 Anton Müller (der Sohn des ersten, 1832-1900) den Pfaffelbräu gegen das heutige Hotel Müllerbräu neben dem Rathaus. Bei diesem Tausch muss er allerdings eine beträchtliche Summe drauflegen, nämlich 2/5 des Kaufpreises.
Auch diese Brauereigaststätte hat eine lange, bewegte Geschichte. 1618 zum Beispiel wurde der Wirt bestraft, weil er die Sperrstunde nicht eingehalten hatte. Er musste zur Buße 1000 Pflastersteine für die Stadt besorgen.
Der neue Eigentümer kann es sich nach 1900 schon wieder leisten, das Gebäude aufzustocken, mit Zwiebelturm-Erkern auszustatten und mit damals modernen Jugendstil-Ornamenten zu verzieren. (Für den nächtlichen Spaziergänger lohnt sich ein heimlicher Blick in die beleuchteten farbigen Jugendstilfenster im Obergeschoss.)
Der dafür eingetauschte Pfaffelbräu aber ist heute wieder in Müllerbräu-Besitz.

1880: Löwenstraße 3
Baulich mit dem Hotel über die Frauenstraße verbunden ist ein weiteres denkmalgeschütztes Gebäude, Das Eckgebäude Löwenstraße 3. Es wurde 1888 im Stil
der Neurenaissance über der ehemaligen Malztenne der Brauerei erbaut.

1904: Der Müllerbräu-Keller, Hauptplatz 38
Um 1900 hat der wirtschaftliche Erfolg des Müllerbräu offensichtlich einen ersten Höhepunkt erreicht, denn ein Gebäude nach dem anderen wird angekauft, neu erbaut oder aufge¬stockt: Schon 1904 können Anton Müller III und seine zweite Ehefrau Walburga eine weitere Gaststätte neben dem neubarocken Prachtbau am oberen Hautplatz errichten, den Müllerbräu-Keller. Die Inschrift über dem Portal nennt wieder Bauherren und Baujahr.
Der Saal mit dem imposanten, erkerverzierten Eingangsbereich ist kein Baudenkmal, aber von unseliger historischer Bedeutung. Schon 1922 kam der spätere Führer und Reichskanzler Adolf Hitler in Begleitung von 25 Mann und seinem Schäferhund hierher, um eine dreistündige flammende Rede zu halten, nach der die NSDAP in Pfaffenhofen gewaltigen Zulauf bekam.

1909/1912: Die Müllerbräu-Villa, Weiherer Straße 13
Schon wenige Jahre nach dem Bau des Müllerbräu-Kellers erwirbt das Ehepaar Anton und Walburga Müller auch ein Grundstück an der Weiherer Straße und baut dort 1912 eine beeindruckende Villa. Sie steht zwar nicht unter Denkmalschutz, macht aber einen sehr gepflegten Eindruck, einschließlich des kleinen Häus¬chens mit Tordurchfahrt schräg dahinter. Wohnte darin vielleicht der Kutscher?

1916: Der Salverbräu, Auenstraße 46
1914 stirbt Anton Müller und hinterlässt seiner Witwe Walburga seinen Besitz, den sie 1916 noch vermehrt, als sie den Salverbräu erwirbt. Auch dieser war eine der 13 Brauereien, die Pfaffenhofen im 17. Jahrhundert besaß. Und auch hier wurde in der damaligen Zeit einer der wechselnden Besitzer bestraft, weil er "über gebührende Zeit nächtlicher Weil Zöchen [= das Zechen] gestattet", d. h. die Sperrstunde nicht eingehalten hatte. Das war anno 1619. Bis heute waren fast alle Eigentümer dieses Anwesens Bierbrauer.

Die Aufzeichnungen Heinrich Streidls enden etwa in den 1950-er Jahren. Die Nachkommen von Anton und Walburga Müller haben inzwischen höchst erfolgreich weiter gewirtschaftet, den umfangreichen Besitz vorbildlich erhalten und erweitert.

Besonders erfreulich ist, dass die Erben sich der Verantwortung für ihre historischen Gebäude bewusst sind und sie sorgfältig pflegen. 2016 wurde nicht nur der Salverbräu denkmalgerecht restauriert, sondern auch der Neurenaissance-Bau an der Löwenstraße aufwendig saniert. Darüber hinaus bleibt - zur Freude aller alt eingesessenen Pfaffenhofener - beim Neubau der Brauerei an der Kellerstraße das stadtbild¬prägende Eckportal neben dem Haus der Begegnung erhalten.
Müllerbräu leistet also einen respektablen Beitrag zur Lebensqualität in Pfaffenhofen für Einheimische und Fremde: gutes Bier, Gastlichkeit und repräsentative historische Bauten, die das Auge erfreuen und Zeugnis ablegen von Geschichte, Tradition und Bürgerstolz. Sie sind ein wesentlicher Bestandteil der unverwechselbaren Identität unserer Stadt.
Braukultur und Sinn für Baukultur gehen bei Müllerbräu Hand in Hand.


Quellen:
https://www.muellerbraeu.com/ (28.3.2018)
https://www.stadtfuehrungen-pfaffenhofen.de/kuriositaeten.html (28.3.2018)
Ermert Patrik: Dem Brauer in den Sudkessel schauen. PK 17./18. März 2018 S. 25
Streidl, Heinrich: Häuserchronik der Stadt Pfaffenhofen a.d.Ilm. Pfaffenhofen 1982
Stammbaum der Familie Müller, väterliche Linie
Zeitungsausschnitt der Lokalzeitung vom Oktober 1916

(Text: Ursula Beyer, April 2018)
(Fotos: Ursula Beyer, außer Löwenstr. 3, zur Verfügung gestellt von Manuel Müller)

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